Die Kelten in Bayern – Ein historischer Überblick.

Wer heutzutage das Wort „Kelten“ liest denkt sofort an Irland, Schottland, Wales und vielleicht auch an England. Das sind die Länder in denen keltische Sprachen bis zum heutigen Tag gesprochen werden und wo die keltische Kultur eine lange und weitreichende Blütezeit hatte.
Aber es gab eine Zeit in der die Kelten fast über ganz Europa verstreut waren. Wenn ein Wanderer zum Beispiel heutzutage durch die Wälder im Süden Münchens streift, wird er hier und da intakte Keltische Monumente, Erdwälle, Gräben und Grabhügel finden. Die oft vom trüben Licht des dichten Waldes versteckten Monumente sind stille Zeugen einer Zeit in der keltische Druiden die Rituale ihrer Stämme an diesen Stellen manifestierten. In Hügelfriedhöfen wurden keltische Prinzen, Adelige und Krieger mit oft sehr großzügigen Grabbeigaben gefunden. Diese Funde erlauben uns zu sehen wie hoch entwickelt die keltischen Künste und das keltische Handwerk waren. Es gab sogar keltische Städte auf bayerischem Boden!
Die Kelten waren die Begründer der ersten Kultur in der europäischen Geschichte welche Charakteristiken einer hoch entwickelten und überregionalen Zivilisation zeigten. Wahrscheinlich aus Osteuropa kommend ließen sie sich zunächst in Zentraleuropa nieder.
„Trotz seiner geographischen Lage in Süddeutschland, gehört Bayern zum ursprünglichen keltischen Kernland, dem Gebiet in dem Kelten schon vor Beginn der keltischen Expansion ab dem Ende des fünften Jahrhunderts lebten.“ (Schussmann)
Ab diesem Zeitpunkt dehnten sich die Kelten besonders auf die Britischen Inseln und Irland aber auch auf entfernte Länder wie die Türkei (Galater) und Spanien (Ibero-Kelten) aus.
 

Die Zeitskala des keltischen Bayern gliedert sich wie folgt:
Hallstatt Ära 750-450 v.Chr.
La Tène Ära 450-100 v.Chr.
Spätkeltische Ära 100-15 v.Chr.

Die Hallstatt-Ära wurde nach der österreichischen Stadt Hallstatt benannt, wo keltische Salzminen und bis heute etwa 2000 keltische Gräber entdeckt wurden. Das Wort „Hall“ ist eigentlich ein keltisches Wort und bedeutet soviel wie „Salz“. Dieses Wort wiederholt sich in mehreren Ortsnamen entlang der Alpen, wie Hallein, Hall und Bad Reichenhall. Für die Kelten in den alpinen Regionen war Salz die wichtigste Quelle für Reichtum und ein vielbegehrtes Handelsgut.
Die La Tène-Ära wurde nach einer Stadt in der französischsprachigen Schweiz benannt. Die Funde beider archäologischer Stätten wurden als typisch für die Epoche, welche sie repräsentieren, erachtet und gaben ihnen somit ihre Namen.

Keltische Ruinen auf bayerischem Boden können annäherungsweise in drei Gruppen eingeteilt werden:
1. Die sogenannten „Spätkeltischen Viereckschanzen“
2. Gräber: Einzelne und mehrere Grabhügel, sowie Plattengräber
3. Siedlungen: Städte; Festungen, in der Adelige lebten und befestigte Bergsiedlungen

1. "Viereckschanzen"    
 

The corner of a Viereckschanze in the forest.
Notice shallow ditch along right side of the wall.

 

Die Ecke einer Viereckschanze im Wald. Ein seichter Bach fließt entlang der rechten Seite der Mauer. (Bildunterschrift)
Eine „Viereckschanze“ ist im Grunde genommen eine viereckige Einfassung. „Viereck“ ist deutsch für „four corner“, womit auf die rechteckige Form des Gebäudes angespielt wird. Die Einfassung wurde aus einem Erdwall und einem Bach gebaut, der entlang der Mauer fließt. Die Länge der Mauern beträgt 80-150 Meter. Die Mauer, sowie der Bach, hatten keinen Verteidigungszweck, sondern dienten dazu, den innenliegenden heiligen Platz vor der gottlosen Außenwelt abzuschotten. Es gibt einen Eingang, der in alle Richtungen führen kann, doch niemals in den Norden. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich die Sonne niemals im Norden befindet (nördliche Hemisphäre). Der Eingang wurde zu Zeiten der Kelten gewöhnlich von einem hölzernen Gebäude oder einem Pförtnerhaus aus überwacht.


In Bayern gibt es in etwa 200 bekannte Gebäude dieser Art. Eine Menge von ihnen wurde im Süden von München gefunden, wobei ihr baulicher Zustand variiert. Die Viereckschanzen sind im europäischen Festland von Zentralfrankreich bis Böhmen vertreten. Sie werden „Late Celtic“ (spätkeltisch) genannt, da sie aus der Spätkeltischen Ära um 100-15 v.Chr. stammen.
 

Der Zweck der „Viereckschanzen“ wird immer noch in Archäologenkreisen diskutiert, aber immer mehr Anzeichen deuten auf eine religiöse Nutzung hin. In den 50er Jahren wurde eines dieser Monumente im Dorf Holzhausen in der Nähe von München freigelegt.

 Bei diesem Anlass wurden drei der schachtartigen Kultstätten entdeckt. Der tiefste dieser Schächte ist 35 Meter (117 Fuß) tief und weist eine hohe Konzentration an Proteinen auf.
Die Wissenschaftler schlussfolgerten, dass es sich bei diesen Schächten um eine Stätte für Fleischopfer handelte. Auch andere Gegenstände wurden in den Schächten gefunden, unter anderem hölzerne Stäbe, Fleischhaken, Knochen, usw.
Ansonsten sind in den „Viereckschanzen“ archäologische Fundstücke eher selten vertreten. Trotzdem war es möglich, Anzeichen von hölzernen Bauwerken in einigen der „Viereckschanzen“ zu entdecken. Wissenschaftler identifizierten sie als Tempel der Art „gallisch-römischer Circumambulations-Tempel“.

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Die Seitenwand der „Buchendorf Viereckschanze“
– ein seltenes Beispiel einer Schanze in unbewaldetem Gebiet. (Bildunterschrift)
 

Trotz alledem wissen wir heute nicht genau, welche Art von Riten oder anderen Tätigkeiten an diesen Plätzen verrichtet wurden.
Vom archäologischen Gesichtspunkt aus muss es als sehr wahrscheinlich angesehen werden, dass die Kelten Menschenopfer darbrachten. Ihre Motive bleiben unklar, ebenso die Fragen, wo und wie oft sie diese durchführten. Allerdings gibt es kein einziges Anzeichen, das die Verbindung zwischen Menschenopfern und den „Viereckschanzen“ herstellt.

Interessanterweise wurden die keltischen „Viereckschanzen“ laut den neuesten Forschungsergebnissen von Geomantisten entlang der Grenzen von Weideland gebaut. Die Schnittpunkte dieser Grenzen oder Plätze mit besonders hoher Erdenergie sind häufig unterhalb des Eingangsbereichs zu finden.

Es existieren auch andere Heiligtümer in Bayern, die auf die Keltenzeit zurückgeführt werden können, besonders heilige Schächte und Kultstätten auf Hügeln. Einige von ihnen wurden mit Kirchen und Kapellen überbaut und werden immer noch als Anbetungsstätten genutzt. Andere Orte sind nicht so gut bekannt, aber werden mehr und mehr von einer wachsenden Anzahl von interessierten Besuchern wiederentdeckt.

2.  Keltische Gräber.


Im früher keltischen Teil Bayerns sind die folgenden Bestattungsrituale vollzogen worden:

750-400 v. Chr.: Grabhügel; mehr oder weniger riesige Erdhügel wo der Adel begraben lag. z.B. in Hochdorf

400-250 v. Chr.: Flachgräber; die Himmelsrichtung, in welche die Köpfe der Verstorbenen zeigten, änderte sich während dieser Zeit vom Süden zum Norden

250-150 v. Chr.: Einäscherung und Begräbnisse, oftmals in Lehmgefäßen.

Die meisten der heutigen archäologischen Funde sind Teile der Grabbeigaben, die mit den Verstorbenen begraben wurden. Das waren vor allem Waffen, Schmuck, Tonwaren und Kleidungsstücke wie Gürtelschnallen, Broschen usw. Die meisten dieser Funde aus Bayern sind heutzutage im Archäologischen Staatsmuseum von Bayern in München zu sehen. (Siehe Ende des Artikels.)

Allein im benachbarten Württemberg wurde 1961 die Zahl der bekannten Grabhügel auf 6700 geschätzt. Wegen der zunehmenden Nutzung von Luftaufnahmen auf der Suche nach Bodendenkmälern steigt diese Zahl kontinuierlich an.
 


Rekonstruktion der Grabkammern von Hochdorf,
Hochdorf Museum

Eine der wichtigsten und am besten dokumentierten Erdarbeiten eines Keltischen Grabhügels ist der „Prinz von Hochdorf“. Er liegt in Baden- Württemberg, dem deutschen Bundesland westlich von Bayern, aber er kann stellvertretend für alle Grabhügel dieses Gebiets stehen. (Siehe Ende des Artikels.)

3.  Keltische Siedlungen

Die Kelten hatten gut ausgebaute Städte in Bayern. Sie wurden „Oppida“ genannt, nach dem lateinischen Wort oppidum= Stadt. Sie waren Handelsstätten mit Geschäften, Handwerkern und Künstlern, Kaufleuten, Arbeitern, Bauern, usw.
Sie hatten alles, was eine Stadt benötigt, einschließlich Münzprägeanstalten, Marktplätzen und sogar Tempeln. Alle „Oppida“ waren mit einem System von Handelsrouten verbunden, auf welchen Gütern zwischen Griechenland und Nordeuropa transportiert wurden.
Zwei der meist bekanntesten „Oppida“ in Oberbayern sind Manching und Fentbach. In Manching werden archäologische Ausgrabungen seit mehreren Jahrzehnten bis in die heutige Zeit betrieben. Tausende Objekte wurden hier so ans Licht gebracht und tausend weitere werden folgen.
 


Der ursprüngliche Eingang in die keltische Stadt Fentbach,  nahe Weyarn, in Nord-Bayern (Bildunterschrift)

Neben Städten kennen wir noch keltische Befestigungsanlagen oder Festungen auf Hügeln. Während der Hallstatt Ära waren dies die Schlösser oder Festungen des örtlichen Adels.
Im La Tène Zeitalter wurden sie zu befestigten, gut zu verteidigenden Hügelsiedlungen für ganze Stämme. Beispiele dafür sind der Bullheimer Berg (Würzburg), Hesselberg (Dinkelsbühl), Burgberg (Donaustauf) und Michelsberg (Kehlheim). Befestigungsanlagen bestanden hauptsächlich aus Mauern, Holz, Erde oder Steinen und zusätzlich aus Zäunen und Gräben. Hügel oder Berge wurden oft gewählt, da steile Seitenwände einen natürlichen Schutz vor angreifenden Reitern und sogar vor Infanterie boten.

Bei manchen Bergfestungen weiß man, dass sie jahrelang unbewohnt blieben. Sie dienten nur im Krieg als sicherer Zufluchtsort.
 

Fazit:

Der Einmarsch und die Besetzung Bayerns durch die Römer 15 v.Chr. beendete die beinahe 800 Jahre alte keltische Kultur.
Heutzutage glauben die Wissenschaftler nicht, dass alle Kelten von den Römern getötet oder aus dem Land verjagt wurden.
Sie sind eher der Meinung, dass die Kelten immer mehr die Angewohnheiten der Römer übernahmen und sie somit „romanisiert“ wurden.
Die folgenden 400 Jahre wurden deswegen von Römern und „romanischen Kelten“ festgelegt.

Erst zu Beginn der Abwanderung der Römer um 400 n.Chr. begannen die germanischen Stämme das zukünftige Schicksal Bayerns zu prägen.
Sie werden ausschlaggebend sein für die Entwicklung der bayerischen Stämme um 550 n.Chr.

Enthält die heutige bayerische Kultur noch keltische Elemente?
Diese Frage wird weiterhin von Wissenschaftlern diskutiert.
Fakt ist, dass die traditionellen Ferien und Feiertage Bayerns überraschend viele Übereinstimmungen mit dem keltischen Jahresablauf, wie wir ihn kennen, aufweisen.
Fakt ist auch, dass in vielen Regionen heilige keltische Orte christianisiert wurden und somit als Orte der Anbetung bis zum heutigen Tag überlebten.
In Bayern erinnert man sich sogar an christliche Versionen von keltischen Mythen und Legenden und es gibt immer noch den einen oder anderen Ortsnamen, der bis zur keltischen Zeit zurückverfolgt werden kann.

Keltische Elemente in der bayerischen Kultur mögen nicht so offensichtlich sein, wie in heutigen keltischen Ländern, aber sie existieren und sind ein untrennbarer Teil der bayerischen Geschichte.


 

 

Source:
http://druidry.org/obod/druid-path/sacredsites.html

Walls of a Celtic hill fort near Schaeftlarn,
Upper Bavaria.
The walls were reinforced in the Middle Ages,
but are of Celtic origin.